Der Druck des Lexikons
Aus heutiger Sicht, in einer Zeit voll automatisierter industrieller Arbeitsabläufe, ist es nur noch schwer vorstellbar, wie ein Großprojekt wie der Zedler im 18. Jahrhundert realisiert werden konnte. Immerhin umfasst das Lexikon insgesamt 68 Bände mit 67.000 Seiten. Seit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert war die Herstellung eines Buches grundsätzlich in drei Arbeitsabläufe unterteilt, an den sich auch der Druckmeister Urban in der Waisenhaus-Druckerei in Halle gehalten haben dürfte, der zumindest einen Teil des Lexikons hergestellt hat: die Anfertigung von Lettern, den Satz und den Druck. Mit Hilfe eines Prägestempels (Patrize) wurden zunächst Hohlformen (Matrizen) hergestellt, mit deren Hilfe man identische Einzelbuchstaben (Lettern) aus einer Blei-Legierung fertigen konnte. Neben den Schriftzeichen des Alphabets und der Satzzeichen, wurden auch eine Vielzahl von Sonderzeichen wie Abkürzungen und Aussprachezeichen benötigt. So benötigte man beim Universallexikon beispielsweise für Literaturverweise auch Buchstaben des hebräischen oder griechischen Alphabets.
Es war auch üblich die gebräuchlichsten Buchstabenkombinationen als Typen herzustellen, um einen schnelleren Satz zu ermöglichen. Für seine berühmte 42zeilige Bibel, hat Gutenberg allein 290 Einzeltypen gebraucht. Diese wurden im zweiten Arbeitsschritt mit einem Winkelhaken zu Zeilen aneinandergereiht und auf dem Setzschiff, einer Platte mit festschließendem Rahmen zur Spalte bzw. nach dem Umbruch zur Druckseite (Form) vereinigt. Die Form wurde mittels eines Ballens mit Druckerschwärze eingefärbt und danach unter hohem Druck auf einen Papierbogen gepresst; zunächst die Vorderseite (Schöndruck) und nach dem Trocknen dann die Rückseite (Widerdruck). Nach vollendetem Druck konnte der Satz wieder abgelegt, die Lettern in den Setzkasten verteilt oder eingeschmolzen werden. Bei auflagenstarken Großprojekten wie dem Cansteinschen Bibeldruck, wobei im Auftrag von König Friedrich Wilhelm zwischen 1733 und 1779 für die preußische Armee 105.000 Bibeln gedruckt wurden, wurde der Satz nicht wieder abgelegt (stehender Satz). Von den fertigen Druckplatten konnten also nach Belieben weitere Auflagen desselben Werkes gedruckt werden.
Bei hohen Auflagenzahlen lohnte sich der große Investitionsaufwand. Immerhin musste eine Unmenge an Typen hergestellt und die Formen mussten gelagert werden. Auf der anderen Seite sparte man allerdings den Lohn der Setzer ein. So schaffte es die Cansteinsche Bibelanstalt die Druckkosten bei hoher Auflage erheblich zu senken und erschwingliche Volksbibeln herzustellen. Die Idee des stehenden Satzes übernahm man dabei von den Holländern, die dieses Verfahren bereits beim Druck der englischen Bibel verwendet hatten. Die Cansteinsche Bibelanstalt und die Waisenhausdruckerei waren von Anfang an durch die Verbindung Freiherr von Cansteins zu Francke eng verbunden. Mit Massenproduktion kannte man sich in Halle also bestens aus und arbeitete recht fortschrittlich, was dem Zedler'schen Projekt sicherlich zugute kam.
Auffällig ist, dass schon im Zusammenhang mit dem ersten Cansteinschen Bibeldruck Mitte 1710 der Name Urban auftaucht. Da die Waisenhaus-Druckerei zu diesem Zeitpunkt technisch noch nicht in der Lage war, dieses riesige Projekt zu realisieren, wurde der Auftrag mit Einverständnis Franckes an den Hallischen Buchdrucker Stephan Urban vergeben. Ob dieser allerdings mit dem späteren Faktor der Waisenhaus-Druckerei identisch ist, oder ob es sich vielleicht um dessen Vater handelt, konnte nicht ermittelt werden.
Literatur:
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Schmidt, Rudolf: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Beitrag zu einer Firmengeschichte des deutschen Buchgewerbes, 6 Bde. in einem Band, Hildesheim, New York 1979, S. 134 - 138
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Ludewig, Johann Peter von: Vorrede über das Universal=Lexicon, in: Zedler, Bd. 1, S. 1 - 16, 1732
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Wittmann, Reinhard: Geschichte des deutschen Buchhandels. Ein Überblick, München 1991, S. 20 ff.
[Kai Lohsträter]
Querverweis:
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Artikel: Buchdrucker
, in: Zedler, Bd. 4, Sp. 1754 -1755
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