Rezension des Aufsatzes:
Juntke, Fritz: Johann Heinrich Zedler's Grosses Vollständiges Universallexikon: Ein Beitrag zur Geschichte des Nachdruckes in Mitteldeutschland (Schriften zum Bibliotheks- und Büchereiwesen in Sachsen-Anhalt, Heft 16), Halle 1956, S. 13-32
In diesem zweiten Band einer Festschrift zu seinem 70. Geburtstag geht der renommierte sachsen-anhaltinische Bibliothekswissenschaftler Fritz Juntke einem Thema nach, mit dem er bestens vertraut ist: Am konkreten Beispiel der von Prozessen begleiteten Entstehungs- und Vertriebsgeschichte des Zedlerschen Universal-Lexicons will er seine Betrachtungen über die Nachdruckpraxis des 18. Jahrhunderts auch Leuten nahebringen, die nicht einschlägigen Fachkreisen angehören. Zu diesem Zweck handelt Juntke die vor dem Erscheinen seines Lexikons liegenden Lebensjahre des Verlegers relativ knapp ab, jedoch nicht ohne dabei Spekulationen anzustellen, inwieweit Zedler schon zu dieser Zeit die Druckprivilegien von Konkurrenten verletzt haben dürfte, um die überraschend schnell aufeinanderfolgenden Bände seiner damaligen Großprojekte fertigzustellen. Auch eine anschließende generelle Beschreibung der Widerstände anderer Buchhändler, gegen die Zedler sich durchsetzen musste, fällt recht kurz aus und dient Juntke lediglich dazu, die Zähigkeit des Breslauers herauszustellen.
Ein ähnlich positives Urteil erlaubt sich der Autor allerdings nicht in seiner folgenden Untersuchung, die dem riskanten Finanzierungsgebaren Zedlers und dessen Organisation der frühen Redaktionsarbeit am Universal-Lexicon gilt; einzig das ehrgeizige Vorhaben an sich, ein nahezu realenzyklopädisches Werk solchen Umfangs zu schaffen, findet Juntkes ungeteilten Beifall. Weniger kursorisch als diese einleitenden Betrachtungen fallen jedoch die folgenden Analysen aus, die sich mit Zedlers langem Bemühen um ein sächsisches Druckprivileg und den bei aller Tragik segensreichen Auswirkungen dieser Rechtsstreitigkeiten befassen und den eigentlichen Schwerpunkt des Aufsatzes bilden. Nach einer erhellenden Einführung hinsichtlich Bedeutung und Natur von Druckprivilegien (gerade im 18. Jahrhundert) verfolgt Juntke minutiös den Gang der Verhandlungen zwischen Zedler, seinen Konkurrenten und den Leipziger Behörden, wobei er jeden Einwand der Gegner Zedlers eingehend behandelt und die Reaktionen des Verlegers darauf nachzeichnet. Die nach Zedlers schließlichem Konkurs und dem dadurch erzwungenen Redaktionswechsel sich ergebenden Auseinandersetzungen mit einem Raubdrucker, der das Werk des umtriebigen Verlegers fleddern wollte, würdigt Juntke konsequent mit einer ebenso ausführlichen Untersuchung. Die Entscheidung der Leipziger Behörden, dass das angebliche kaiserliche Privileg dieses Raubdruckers von geringerem Wert sei als das sächsische, an das Zedler mittlerweile gelangt war, deutet Juntke in einem größeren Zusammenhang: Darin sei ein deutliches Anzeichen für den Niedergang der Reichsstadt Frankfurt am Main als Buchmessenstandort zu sehen.
Trotz dieses umfassenderen Anspruch erhebenden Teilergebnisses am Schluss des Aufsatzes muss Juntkes Darstellung als Spezialuntersuchung bezeichnet werden. Auf die Biographie des Verlegers und das geschichtliche Umfeld im weiteren Sinne wird zwar durchaus eingegangen, aber in einem zu geringen Umfang, als dass sich der Aufsatz als allgemeinere Abhandlung zum Thema 'Zedlers Universal-Lexicon' oder gar als Einstiegslektüre dazu eignen würde. Wer sich jedoch genauer mit den juristischen Schwierigkeiten bei Zedlers Arbeit an seinem Lexikon befassen will und bereits Kenntnisse über das Werk selbst vorweisen kann, sei hierauf verwiesen. Einen darüber weit hinausgehenden Anspruch wird Juntke an seinen Aufsatz auch wohl kaum gestellt haben; immerhin bietet er nicht mehr als eine gute Zusammenfassung der zum Entstehungszeitpunkt einschlägigen Forschungsliteratur zu diesem (Spezial-)Thema: Leider stützt sich der Autor weder auf Quelleneditionen noch auf unveröffentlichte Archivalien, obwohl er eingangs explizit auf diverse kaum bearbeitete Aktenfaszikel der Leipziger Bücherkommission hinweist. Zumindest in dieser Hinsicht erscheint die vorliegende Abhandlung als eine verpasste Chance.
[Christof J. Heymann]
Querverweis: Die Zedleriana enthalten den Volltext des Aufsatzes von Fritz Juntke.
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