stand brachte ihn auf den Gedanken, die Druckgeschichte des Universallexikons an Hand der Akten der Leipziger Bücherkommission und der erschienenen Bände des Lexikons näher zu untersuchen.
Über Johann Heinrich Zedler ist verhältnismäßig wenig veröffentlicht worden. In seinem Universallexikon ist er auch genannt, und daraus entnehmen wir, daß er am 7. Januar 1706 in Breslau geboren wurde. Das Buchhandlungsgeschäft lernte er in Breslau und Hamburg und kam in jungen Jahren nach Freiberg in Sachsen, wo er sich mit der Tochter des Kaufmannes Johann Friedrich Richter verheiratete und eine Buchhandlung gründete. Da er sich bei seinem beweglichen Geiste mehr zum Verleger als zum Buchhändler bestimmt fühlte, gab er sein Geschäft in Freiberg auf, ging nach Leipzig, gründete dort eine Buchhandlung in der Grimmaischen Straße und war seit dem Jahre 1727 als rühriger Verleger tätig. Sein erstes großes Verlagswerk waren Luthers deutsche Schriften, die in 22 Teilen in den Jahren 1728 bis 1734 erschienen. Er widmete die einzelnen Teile, wie später auch die des Universallexikons, verschiedenen Fürsten und Standespersonen, unter anderem auch dem Herzog Christian von Sachsen-Weißenfels, der Zedler dafür im Jahre 1728, als er erst 22 Jahre alt war, den Titel eines Kommerzienrates verlieh. Auch von dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. erhielt er 1731, als er in diesem Jahre für sein Universallexikon ein preußisches Privileg gegen Nachdruck beantragte, den Titel eines preußischen Kommerzienrates. Zedler verlegte mit Vorliebe größere mehrbändige Werke. Außer dem Universallexikon hatte er in einer Zeit, in der er wegen dieses Lexikons als Verleger die größten Schwierigkeiten hatte, noch im Jahre 1733 die Allgemeine Staats-Kriegs-Kirchen- und Gelehrte Chronicke Bd 1-20, 1733-1754 erscheinen lassen, deren Vorwort dem preußischen Kronprinzen Friedrich gewidmet war. Das Geld zu diesen großen Verlagsobjekten stand Zedler durch das Vermögen seiner Frau zur Verfügung, teils auch von seinem Schwager, dem Buchhändler David Richter in Bautzen, dem er im Jahre 1728 2665 Taler schuldete, hauptsächlich aber durch Subskriptionen auf seine Werke. Der Absatz seines ersten großen Werkes muß erfolgreich gewesen sein, so daß er seine Schulden bezahlen und an andere noch größere Verlagswerke herangehen konnte. Es ist erstaunlich, mit welchem Elan und kühnem Unternehmergeist er bereits, als sein erstes großes Verlagswerk noch nicht beendet war, seine größten Werke, das Universallexikon (1731) und die allgemeine Staatschronik (1733), drucken ließ. Daß Zedler diese mehrbändigen Werke, die allerdings über Jahrzehnte erschienen, so schnell hintereinander herausbrachte, konnte wohl nur unter weitgehender Nichtbeachtung des Verleger-Privilegs geschehen, indem er mit nur kleinen Veränderungen andere privilegierte Werke bedenkenlos kopierte, besonders wenn diese in anderen deutschen Ländern außerhalb des Heimatlandes erschienen waren, woran auch ein kaiserliches Privileg nichts änderte. Auch Zedler sollte der Vorwurf des Nachdruckes nicht erspart bleiben. Er hatte
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sich im Jahre 1750 nach Beendigung des Universallexikons von seinen Verlegergeschäften zurückgezogen und lebte im Sommer meist auf seinem Landgute Wolfshain. Doch hatte er seine Verlagsgeschäfte nicht restlos aufgegeben, denn es wird auch berichtet, daß er noch große Werke projektierte oder als stiller Teilhaber an solchen beteiligt war. So wird ihm auch der Verlag des Großen und vollständigen geographischen und kritischen Lexikons, eine Übersetzung des Franzosen Bruzen de la Martinière, Dictionnaire géographique, das in 13 Teilen von 1743-1759 erschien, zugeschrieben, aber Heinsius in Leipzig als Verleger genannt [1]. Zedler starb im Jahre 1763.
Mit Zedler tritt demzufolge ein Mann in Erscheinung, der schon in sehr jungen Jahren mit unermüdlichem Fleiß, Strebsamkeit und Ideenreichtum seine verlegerische Tätigkeit zur Veröffentlichung größter Werke betrieben hat. Er hatte immer wieder neue Ideen, die ihm über geschäftliche Schwierigkeiten hinweghelfen sollten. Ein Beispiel dafür war sein für Leipzig neuer Plan einer Buchlotterie [2], den er am 7. März 1735 veröffentlichte, als er sich in größter Geldnot befand. Danach sollten aus seinem Büchervorrat Bücher im Werte von 10 000 Talern verlost werden, wofür 2000 Lose zu je 2 1/2 Taler vorgesehen waren. Jeder Käufer eines Loses konnte schon beim Kaufe des Loses für den dafür eingezahlten Betrag Bücher aus einem Verzeichnis auswählen, außerdem war er an der Auslosung von 100 verschieden großen Gewinnen im Gesamtwerte von 5000 Talern beteiligt. Unter diesen Gewinnen, deren Wert ziemlich hoch angesetzt war, befanden sich aber viele minderwertige Werke und kleinere Schriften, die Zedler sonst nie losgeworden wäre. Unmittelbar nach Bekanntmachung des Lotterieplanes protestierten vier große Firmen gegen dieses Verfahren, das sie, wie wir heute sagen würden, als unlauteren Wettbewerb bezeichneten, da es dem Sortimenthandel nachteilig wäre. Zedler hatte zur Anlockung des Publikums im Verhältnis zur Einlage ganz enorme Gewinne verheißen. Die Gegner erreichten zwar kein Verbot durch das Oberkonsistorium in Dresden, aber doch so viel, daß der Termin der Verlosung nicht eingehalten werden konnte. Es wird auch nicht berichtet, ob die Verlosung später stattgefunden hat. Es ist aber bewundernswert, wie Zedler mit größter Zähigkeit sein Ziel, den Druck des Universallexikons, jahrelang gegen alle Widerstände durchgeführt hat. Dabei gab es schwere Stunden in seinem geschäftlichen Leben. So mußte er im Jahre 1735 bei Teil 14 seines Lexikons den Konkurs anmelden. Vergeblich hatte er, um Geld zu bekommen, die schon gedruckten Exemplare der Teile 13 und 14 verpfändet. Da er die Exemplare nicht einlösen konnte, wurden sie verschleudert, ja als Makulatur verkauft. So kam es, daß Zedler, als der Druck wieder aufgenommen werden sollte, nicht
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einmal ein vollständiges Exemplar der bereits erschienenen Bände in seinem Besitz hatte.
Zedler hatte bei der Herausgabe seines ersten großen Verlagswerkes seine Erfahrungen mit den Leipziger Großverlegern gemacht. Er hatte sich ihren Neid und Haß zugezogen. Sie versuchten auf alle Art und Weise durch Tücke und Listen ihn zu kränken und ihn zu behindern, nur weil er, wie er sich selbst ausdrückte, sein Verlagswerk zu billigen und christlichen Preisen herausgebracht habe, so daß die Buchhändler hier keinen Wucher treiben konnten. Diese Vorwürfe gegen die Leipziger Verleger stehen in dem Schreiben Zedlers an das Oberkonsistorium in Dresden bei der Beantragung eines sächsischen Privilegs für das geplante Universallexikon, in welchem er besonders die Buchhändler und Verleger Thomas Fritsch und Gleditsch beschuldigte, jedem Anfänger und Neuling, der ihnen Konkurrenz machte, die größten Hindernisse in den Weg zu legen. Zedler ließ sich aber weder unterdrücken noch einschüchtern, sondern plante ein noch größeres Projekt, nämlich unser Universallexikon, an das er noch vor Beendigung von Luthers deutschen Schriften heranging und das er gründlich vorbereitete, weil der erste Band schon zur Ostermesse 1731 in Leipzig erscheinen sollte. Schon vor Zedler gab es umfangreiche, alphabetisch angelegte enzyklopädische Lexika, die für ein größeres Publikum bestimmt waren [3]. Im Jahre 1709 erschien bei Thomas Fritsch in Leipzig das Allgemeine historische Lexikon, das die Gattung der historischen Wörterbücher nach Deutschland brachte, und das eine Hauptrolle in dem Privilegienstreit zwischen Fritsch und Zedler spielen sollte. Im Jahre 1721 erschien ferner das Allgemeine Lexikon der Künste und Wissenschaften von Jablonski, das die Gattung der enzyklopädischen Wörterbücher der Wissenschaften und Künste in Deutschland einführte. Beide Lexika suchte nun Zedler mit seinem Großen und Vollständigen Universallexikon aller Wissenschaften und Künste zu überbieten und auszuschalten. Mit diesem Werke wollte er in einer in Deutschland noch nie dagewesenen Weise in 8-12 Bänden die vielen Lexika über alle möglichen Gebiete zu einem einzigen großen Werk zusammenfassen und statt der vielen kleinen ein vollständiges Lexikon aller Wissenschaften und Künste geben, das vor allen Dingen nicht den Gelehrten, sondern, wie Zedler sich ausdrückte, den vielen ungelehrten Leuten, die nicht wissen, wo das Gewünschte zu suchen sei, zugute kommen sollte. Er versprach sich natürlich auch einen größeren Absatz. Das Universallexikon war in der Tat das großartigste Werk dieser Art. Es überschritt nach Anlage und Inhalt das historische Wörterbuch und näherte sich so einer eigentlichen Realenzyklopädie.
Zedler hatte, wie er in der Vorrede sagt, die erfahrensten und kenntnisreichsten Gelehrten zu der Abfassung des Lexikons herangezogen, die die an-
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deren Lexika verbessern und von den Fehlern aufs sorgfältigste säubern und ergänzen sollten. Die Arbeit stand anfangs, wie aus einer Bemerkung seiner Gegner hervorgeht, unter der Redaktion des Professors Gottsched und des Oberaccis-Inspektors Johann Heinrich Rother in Leipzig.
Um nun für ein so gewaltiges Werk das nötige Kapital zur Hand zu haben, sollten die Käufer, wie schon bei Luthers Schriften, das Lexikon subskribieren. Es sollten schon vor dem Erscheinen für den Band 2 Reichstaler Vorschuß und bei der Auslieferung jedes neuen Bandes wieder 2 Reichstaler für den nächsten Band gezahlt werden. So dachte Zedler zu dem Geld zu kommen, das es ihm ermöglichen sollte, sein Werk zu einem glücklichen Ende zu führen. Er hatte bei der Herausgabe des dritten Bandes, als er sah, daß die vorgesehene Bändezahl bedeutend erhöht werden mußte, die Kosten wohl mit einiger Übertreibung auf 100 000 Reichstaler angegeben. Jedenfalls aber waren Summen nötig, die Zedler, da er viel Geld in seinen Buchladen und in den Ankauf von Büchern gesteckt hatte, nicht zur Verfügung standen. So war er auf das Geld der Pränumeranten angewiesen, die noch im Jahre 1737, zu der Zeit, als die Fortführung des Druckes nach längerer Unterbrechung wieder aufgenommen wurde, auf über 1500 geschätzt wurden. In der Ankündigung zur Subskription verpflichtete sich Zedler, die Auflage nur wenig über die Zahl der Subskribenten zu erhöhen, dagegen aber sollte das Exemplar im freien Verkauf das Doppelte kosten. Bei Übernahme von 20 Exemplaren versprach er, ein Exemplar unentgeltlich zu liefern. Auch in der Ankündigung wies er noch auf den Neid und die Bosheit der anderen Verleger hin und bat die Subskribenten, sich nicht durch falsche Gerüchte und böse Nachrichten beeinflussen und abschrecken zu lassen.
Um nun vor Nachdruck und anderen Belästigungen sicher zu sein, beantragte Zedler, wie schon oben gesagt, am 13. September 1730 beim Oberkonsistorium in Dresden ein kursächsisches Privileg gegen den Nachdruck seines Universallexikons. Die Strafe gegen Nachdruck sollte auf 300 M lötigen Goldes festgesetzt werden. Um das Oberkonsistorium seinem Plan geneigt zu machen, wies Zedler in seinem Antrag noch besonders darauf hin, daß ein solches Werk wie sein Universallexikon in deutscher Sprache noch niemals veröffentlicht worden sei, und daß hierdurch einem anderen Verleger keinerlei Schaden zugefügt würde, vielmehr das Werk nur zum Ruhme und Nutzen des Landes erscheinen und von außerhalb viel Geld ins Land bringen würde.
Mit dem Antrage sandte Zedler das in Schwarz gedruckte Titelblatt des geplanten Universallexikons mit dem Druckjahr 1730 ein. Der Text des Titelblattes war der gleiche, wie wir ihn kennen, bis auf die letzten Zeilen, die später durch andere ersetzt wurden. Auf dem eingesandten Blatt heißt es: "Durch den Fleis der gelehrten Männer unserer Zeit... zusammen-
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getragen, mit den Bildern der jetzt lebenden größten Potentaten von Europa geziert und mit allergenädigsten Freyheiten versehen". Außerdem übersandte Zedler noch ein zweites gedrucktes Blatt, das die Motive und Absichten zum Ausdruck brachte, die ihn zur Herausgabe eines so großen Werkes veranlaßt hatten. Dieses Blatt, dessen Inhalt oben schon verwertet worden ist, erschien später nicht mehr. Es hat die Überschrift: "Von dem nach vorstehenden Titel entworfenen Werkes Johann Heinrich Zedler Commercien-Rath und Buchhändler in Leipzig durch Subscription drucken läßt". Auf der Rückseite dieser Nachricht veröffentlichte Zedler noch ein "Avertissement", worin er die Auslieferung des ersten Bandes für die Ostermesse 1731 ankündigte. Er argumentierte damit, daß die Pränumeranten schon in der bevorstehenden Michaelismesse 1730 gegen Vorzeigung ihres Zahlungsscheines die gedruckten Bogen einsehen könnten, um allen Gerüchten über Nichtlieferung entgegenzutreten. Er machte ferner noch geschäftliche Mitteilungen über Subskribentenannahme, über eventuelle Rücknahme der bereits bezahlten aber nicht weiter subskribierten Exemplare, ferner über geplante Register in lateinischer, französischer und italienischer Sprache und über ein Repertorium nach philosophischen, medizinischen, mathematischen und philologischen Gesichtspunkten.
Dieser Antrag Zedlers auf Erteilung eines Privilegs für sein Universallexikon sollte ihn in jahrelange Streitigkeiten wegen Nachdruck mit Thomas Fritzschs Erben und mit Gleditsch verwickeln. Bevor nun die sächsische Regierung das Privileg erteilte, fragte sie bei der Leipziger Bücherkommission an, ob von den Buchführern, die bisher historische, geographische oder andere Lexika verlegt und deshalb ein Privileg erhalten hätten, gegen dieses geplante Werk etwas vorzubringen wäre.
Dem nun beginnenden Streit lag ein Privileg gegen den Nachdruck zugrunde, das im Jahre 1726 Thomas Fritsch in Leipzig für sein historisches Lexikon für die Zeit von 10 Jahren, also bis 1736, erteilt war. Es war ein Ringen um die Auslegung, was unter Nachdruck zu verstehen sei. Über den Nachdruck von Büchern hatten schon bald nach Erfindung des Buchdruckes Drucker und Verleger geklagt, obwohl darin anfangs nichts Rechtswidriges gesehen wurde. Die davon betroffenen Drucker und Verleger verlangten, daß bestimmte Werke von keinem anderen während eines bestimmten Zeitraumes nachgedruckt werden durften. Das Mittel dazu war die Verleihung eines Privilegs, das einem Verfasser, einem Verleger oder auch einem Drucker erteilt wurde, wodurch der Nachdruck eines bestimmten Werkes oder die Einführung eines gedruckten Buches von auswärts in ein bestimmtes Gebiet verboten wurde. In Deutschland war es ursprünglich das Reservatrecht des Kaisers, bald wurden aber auch Privilegien von den Territorialherren und den Magistraten der Städte verliehen. Das kaiserliche Privileg büßte immer mehr seine Wirksamkeit ein, je mehr die Souve-
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ränität der einzelnen Länder sich stärkte. Daher findet man oft neben dem kaiserlichen Privileg, das für das ganze Reich Geltung haben sollte aber diese Geltung nicht durchsetzen konnte, auch das Privileg eines Landes, mit steigender Bedeutung der Leipziger Messe das kursächsische. Die Zeitdauer der Geltung war verschieden, sie reichte von 1 bis 10 Jahren, maßgebend war, ob der Verleger im Verhältnis zu seinen Ausgaben genügend Nutzen in der zu bewilligenden Zeit ziehen konnte. Für die Übertretung des Privilegs waren Geldbußen von verschiedener Höhe festgelegt, von denen ein Teil dem Fiskus, der andere Teil dem Geschädigten zugesprochen wurde, und wobei außerdem auch der Verlust der nachgedruckten Bücher eintrat. Die erteilten Privilegien wurden meistens schon auf dem Titelblatte erwähnt, aber auch in vollem Wortlaut den Werken vorgedruckt. Die Bekanntmachung eines verliehenen Privilegs fand in Leipzig durch die sogenannte Insinuation durch Notare in den Geschäftslokalen der Buchhändler statt. Die Insinuation galt als wesentlich für die Wirksamkeit des Privilegs. Gegen Privilegienverletzungen waren eine Bücherkommission in Frankfurt a. Main für die kaiserlichen und eine in Leipzig für die kursächsischen eingesetzt, die im Verwaltungsverfahren gegen die Schuldigen vorgingen. Die kursächsische Regierung, das Oberkonsistorium in Dresden, wies die Bücherkommission, die aus je einem Mitgliede der Universität und des Rates der Stadt Leipzig bestand, auf Anrufen des privilegierten Verlegers an, gegen den angeblichen Nachdrucker mit der Exekution vorzugehen, d. h. es sollten die nachgedruckten Bücher konfisziert und die im Privileg angedrohten Strafgelder eingezogen werden [4].
Durch die Bücherkommission erfuhren nun die Leipziger Verleger von dem Vorhaben Zedlers. Vor allen fühlten sich Thomas Fritschs Erben und Johann Gleditsch dadurch geschädigt. Die Firma Thomas Fritsch vertrat den Standpunkt, daß Zedler in einem Universallexikon in alphabetischer Folge nur die bereits bestehenden Werke und vor allem ihr historisches Lexikon ausschreiben und mit etwas anderen Worten bringen werde. Sie könnten es nicht zulassen, daß ihre und ihres Vaters Arbeit, der für das Lexikon allein über 22 000 Reichstaler verwendet und außerdem mit großen Kosten und nicht ohne Gefahr die Buchdruckerei und die Papierfabrikation in Sachsen in die Höhe gebracht und dadurch dem Lande viel Geld zugeführt hätte, nun durch den Nachdruck gewinnsüchtiger Leute um ihren Erfolg und Gewinn käme. Sie baten die Bücherkommission, mit allen Mitteln zu verhindern, daß Zedler in seinem Universallexikon alle Historica bringe, die in Fritschens Lexikon stehen und die etwa schon gedruckten Bände zu konfiszieren. Die Bücherkommission, die aus dem Professor Johannes
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Schmieden und dem Bücherinspektor Johannes Zacharias Treffurth bestand, schloß sich in verdächtigem Eifer dem Antrag an - hatte doch Zedler der Kommission zweimal Parteilichkeit vorgeworfen - und war wie Thomas Fritschs Erben der Ansicht, daß ein Universallexikon mit solchem Titel nicht ohne Ausschreiben der vielen privilegierten Werke dieser Art hergestellt werden könnte. Daraufhin war das Oberkonsistorium in Dresden entschlossen, die Rechte der privilegierten Werke zu schützen, und wies am 12. Oktober 1730 die Bücherkommission an, den Druck des Universal-lexikons, bei Strafandrohung von 300 Rtalern und Konfiskation der gedruckten Bände zu inhibieren, wenn Zedler etwas bringen sollte, was in dem historischen Lexikon des Thomas Fritsch enthalten wäre. Zedler ließ sich aber durch diese Drohungen nicht einschüchtern. Er hatte schon große Kosten und, was bei ihm besonders ins Gewicht fiel, seinen Namen und seine Standesehre eingesetzt und sah sich deshalb außerstande, kampflos zurückzuweichen. Außerdem konnte er immer noch annehmen, daß das Oberkonsistorium schließlich doch noch auf seine Einsprüche und Eingaben eingehen werde. Hatte er doch bei einem Verlagswerke seines Gegners, der Firma Thomas Fritschs Erben, ein Beispiel vor Augen, bei dem das Oberkonsistorium auch ein Konkurrenzunternehmen privilegierte. In ihrem Falle handelt es sich um das Corpus iuris militaris des Johannes Christian Lünig [5], der für sein Werk ein kaiserliches und ein kursächsisches Privileg erhalten hatte. Gegen Fritschs Erben war zwar ein Verbot des Nachdruckes ergangen, aber die Firma ließ nach einem Manuskript, das im wesentlichen aus Abschriften das Lünigschen Corpus bestand, in Erfurt drucken und wandte sich mit Umgehung der zunächst zuständigen Behörde unmittelbar an die Regierung nach Dresden. Ohne daß nun Lünig gehört wurde, erteilte das Oberkonsistorium der Firma Fritschs Erben ein Privileg für das Corpus militaris mit der Begründung, daß es sich um eine ganz "differente Kollektion" handele und daß ja auch das kaiserliche und kursächsische Corpus iuris civilis durch den Kaiser und auch durch den Kurfürsten von Sachsen privilegiert worden seien. Hier wurde also vom Oberkonsistorium deutlich ausgesprochen, daß die Idee eines Werkes oder einer Kompilation durch ein Privileg nicht geschützt wurde. An und für sich war es zu begrüßen, daß dadurch eine freiere Bewegung für buchhändlerische Unternehmungen möglich wurde, doch wurde dieses Prinzip, obwohl es Zedler in allen seinen Eingaben zum Ausdruck gebracht und um seine Anwendung gebeten hatte, in seinem Falle nicht angewendet, da es gegen die Interessen der Großverleger in Leipzig verstieß. Bei ihm versteifte sich die Regierung auf den Buchstaben des Privilegs, daß nämlich das privilegierte Buch weder auszugsweise, weder gemehrt noch gemindert von einem anderen gedruckt werden dürfte.
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Zedler suchte Hilfe und veranlaßte die Leipziger Büchdrucker Johann Andreas Zschau, Andreas Zeidler, Heinrich Christoph Takken und Gabriel Trog, die für ihn gearbeitet hatten, an die Bücherkommission eine Eingabe zu richten, in der sie baten zu verhindern, daß das Universallexikon außerhalb Leipzigs, wie es bei anderen Verfassern immer mehr vorkäme, gedruckt würde und sie dadurch große Einbuße erlitten. Aber auch sonst war Zedlers Unternehmergeist nicht gesunken. Am 24. Oktober 1730 sandte er das Titelblatt eines neuen geplanten Werkes in die Ratsstube ohne einen weiteren Antrag. Es handelte sich um seine 20bändige "Allgemeine und vollständige Staats-Kriegs- und Kirchen Chronike... zusammengetragen und anietzo unter der Direction und Aufsicht Dr. Jacob August Frankensteins... ans Licht gestellt. Leipzig verlegts Johann Heinrich Zedler, Anno 1731". Das Titelblatt ist wie bei dem Universallexikon in schwarz und rot gedruckt. Bei dem ersten Bande dieses Werkes, der 1733 erschien, war aber der Text des Titels geändert und der Name des Verfassers weggelassen, auch hatte es kein Privileg, war aber dem preußischen Kronprinzen Friedrich gewidmet. Was uns aber hier besonders interessiert und was beim Erscheinen des ersten Bandes auch fehlte, war das Avertissement auf der Rückseite des 1730 eingereichten Titelblattes, das wieder zu einer Beschwerde von Thomas Fritschs Erben führte. Hier hatte nämlich Zedler wie auch kurz vorher in Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen Nr 84 vom 19. Oktober 1730 erklärt, daß er sich auch durch Neider und Feinde nicht abbringen lassen werde, noch weiter wichtige Werke herauszubringen. Er machte noch einmal bekannt, daß er das von ihm angefangene Universallexikon zur versprochenen Zeit liefern werde, da er weder Fritschens noch ein anderes Lexikon dazu zu verwenden brauchte. Fritsch und Gleditsch, aber auch andere Verleger, wie August und Johann Christian Martini, Wolfgang Deren und Johann Friedrich Brauns Erben, protestierten gegen diese Anzeigen und auch gegen die angekündigte Staatschronik, da ihrer Ansicht nach auch dieses Werk nur aus den historischen Lexika zusammengeschrieben sein könnte. Auch hierin war die Bücherkommission den großen Verlegern gegenüber willfährig und verlangte von Zedler bei 100 Rtalern Strafe die Einstellung des Druckes, in Avertissements von der Verfügung Kenntnis zu geben und außerdem die Auslieferung der bis jetzt gedruckten Bogen des Universallexikons. Zu diesen Anordnungen hielt sich die Bücherkommission nach der Entscheidung des Oberkonsistoriums für berechtigt und war es sicherlich auch, doch in der Frage des Druckes der Staatschronik durfte sie noch keine Anordnungen treffen. Zedler durfte aber auch keine Ankündigungen über das Erscheinen des Universallexikons herausgehen lassen, doch berief er sich bei seinen Avertissements auf das Vorgehen der Firma Thomas Fritschs Erben, die in den Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen 1730 Nr 88 Avertissements zur Schmälerung seines Kredits eingesetzt hätten. Er verlangte
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energisch, daß auch seine Belange berücksichtigt werden sollten, nicht immer nur die der großen Verleger, und daß die Bücherkommission von weiteren Maßnahmen absehen sollte, bis die ganze Angelegenheit erneut von dem Oberkonsistorium entschieden wäre.
Inzwischen hatte Zedler am 9. November 1730 ein großes "Memorial" an die Dresdner Regierung abgesandt, in welchem er ausführlich auf juristischer Grundlage neue Tatsachen vorbrachte, die seine Sache zu einem guten Abschluß führen sollten. So machte er zunächst geltend, daß das für Thomas Fritsch ausgestellte Privileg zu Unrecht auch von seinen Erben beansprucht wird, da es mit dem Tode des Antragstellers erloschen und das historische Lexikon erst nach seinem Tode gedruckt sei, ohne daß die Erben eine Umschreibung beantragt hätten. Weiter legte er noch einmal dar, daß es sich auch nach einem Gutachten der Juristenfakultät der Universität Halle, das er sich hat ausstellen lassen, bei seinem Universallexikon um keinen Nachdruck handeln könnte, weil "wenn man" - so heißt es in dem Gutachten in der Juristensprache der damaligen Zeit - "ein ganz neu elaborirtes Buch zum Druck befordert, gesetzt auch, daß einige Sachen darinnen vorkommen, die schon in anderen Büchern befindlich, widrigenfalls das Inconveniens daraus folgen würde, daß wenn ein Gelehrter ein Compendium historicum oder Commentarium ad Institutiones darüber ein Privileg erteilet drucken ließe, alle übrigen Gelehrten die Hände gebunden wären, daß niemand ein ander Compendium historicum oder Commentarium ad Institutiones herausgeben dürfte, da doch die Rechtslehrer ein Privilegium respectu tertii strictissime interpretiren, ut quam minime a iure communi recedatur". Zedler wurde durch dieses Gutachten in seiner Ansicht bestärkt, daß er auch die Historien, die in Fritschs Lexikon enthalten sind, bringen dürfte, wenn er sie nur nicht ausschreibe. Dies bestritt er, denn seine Artikel wären von den besten Gelehrten selbständig verfaßt. Auch hätte er niemals die Absicht gehabt, irgend jemand zu schaden, was auch schon daraus hervorginge, daß er vor Beginn seines Lexikons in einer Anzeige darauf hingewiesen und gebeten hätte, ihm rechtzeitig mitzuteilen, wenn jemand gegen sein Vorhaben etwas zu erinnern hätte. Damals aber hatte sich niemand gemeldet. Zedler wies in seinem Memorial noch besonders darauf hin, daß er sein ganzes Vermögen und das Geld einer dreivierteljährlichen Subskription, er sprach von einer Summe von 100 000 Rtlern, hineingesteckt habe, die bei einer Einstellung des Druckes verloren gehen würden. Schließlich verpflichtete er sich noch, bei einem 12 Jahre langen Privileg außer der vorgeschriebenen Ablieferung noch 100 Rtler bei Erscheinen jeden Bandes für die Rentkammer als jährliche Abgabe zu zahlen.
Das Oberkonsistorium war wohl von den Darlegungen Zedlers beeindruckt und verlangte zunächst, daß Fritschs Erben zu den Einwendungen Zedlers
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sich äußern sollten, außerdem verlangte es ein Exemplar der bereits gedruckten Bogen zur Einsichtnahme. Nun ging der Rechtsstreit langsam weiter, da keine Partei nachgeben wollte und hartnäckig ihr Ziel verfolgte. Die Sache zog sich in die Länge, da Zedler die ursprünglich gedruckten Bogen hatte wegschaffen lassen. Auch wollte er nicht angeben, wer die ersten Bogen gedruckt hatte. Zedler hatte, da der Leipziger Drucker Zschau ohne Zensur nicht weiter drucken wollte, dem Buchdrucker Vogelsang in Delitzsch, der auch die ersten Probedrucke für ihn ausgeführt hatte, den weiteren Druck übergeben. Dieser hatte auch, nachdem die ersten Drucke kassiert waren, die etwas abgeänderten Bogen für Dresden hergestellt. Zedler hatte aber die Verbindung mit Delitzsch gelöst, da diese Stadt noch zu Kursachsen gehörte, und ließ den ersten Band, um ihn gemäß seinem Versprechen zur Michaelismesse 1731 ausliefern zu können, außerhalb des Landes Sachsen in Halle bei der Waisenhausdruckerei drucken. In der Zwischenzeit hatte er für sein Lexikon sowohl ein kaiserliches Privileg als auch ein preußisches erlangt, die aber beide von der sächsischen Regierung nicht respektiert wurden. Außerdem hatte er erreicht, daß die preußische Regierung bei der kursächsischen vorstellig wurde mit dem Ziel, den in Halle gedruckten Band seinen Subskribenten zur Michaelismesse in Leipzig ausliefern zu dürfen. Er machte auch die Bücherkommission auf diese Tatsachen aufmerksam und bat sie, seine Geschäfte nicht zu stören, da er erwarte, daß die Regierung in Dresden ihre früheren Anordnungen aufheben werde.
Doch darin hatte Zedler sich getäuscht. Die Bücherkommission beschlagnahmte auf Antrag seiner Gegner trotz des kaiserlichen und preußischen Privilegs auf der Michaelismesse 1731 den ersten Band des Universallexikons. Zedler protestierte dagegen, doch ohne Ergebnis, da das Oberkonsistorium diese Maßregeln billigte. Er hatte aber insofern Erfolg, als auf Grund des preußischen Privilegs den Praenumeranten gestattet wurde, das Lexikon aus Halle oder aus Berlin zu beziehen. Aber seine Gegner ruhten nicht, sie verfolgten ihn mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, indem sie in einer Eingabe an das Oberkonsistorium darauf hinwiesen, daß Zedler als Leipziger Bürger, auch wenn er sein Werk im "Auslande" drucken ließe, doch die für den Nachdruck festgesetzte Strafe von 300 Rtlern zu zahlen hätte, daß er keine Pränumeranten im Kurfürstentum Sachsen annehmen dürfte und außerdem noch ihre Unkosten zahlen müßte. Das Oberkonsistorium beließ es aber bei den bisher ergangenen Reskripten und verlangte am 10. März 1732 von der Bücherkommission noch einmal einen ausführlichen Bericht über die ganze Streitsache.
Daraufhin machten Thomas Fritschs Erben eine letzte Anstrengung, um den Privilegienstreit endgültig zu ihren Gunsten zur Entscheidung zu bringen. Sie stellten zum Beweise des Nachdrucks eine größere Anzahl
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von Artikeln aus ihrem historischen Lexikon denen des Universallexikons gegenüber, die teils wörtlich übereinstimmten oder auch mit anderer Wortstellung gebracht wurden, und außerdem noch eine Konkordanz von anderen Stellen auf 87 eng beschriebenen Folioseiten zusammen. Darauf ging am 3. April 1732 ein langer Bericht der Bücherkommission mit diesen neuen Unterlagen an das Oberkonsistorium. Die Bücherkommission, bestehend aus dem Professor Gottfried Friedrich Jenichen und einem Ratsbeauftragten berichtete über den bisherigen Verlauf des Streites und beschwerte sich, daß Zedler sie öfter der Parteilichkeit bezichtete. Sie stellten, wie auch früher schon, fest, daß entgegen Zedlers Behauptungen die von ihm gebrachten historischen Artikel zum größten Teil aus Fritschs Lexikon übernommen wären. Somit hätte Zedler gegen das kursächsische Privileg für Fritsch verstoßen. Sie hielten daher das Ersuchen von Fritschs Erben für gerechtfertigt und begründet und verlangten, daß Zedler der Verkauf seines Lexikons so lange verboten werden müßte, bis er erklärte, daß er die in den privilegierten Büchern stehenden Artikel weglassen und vor dem Verkauf auch nachweisen würde, daß dies geschehen wäre. Zedlers nochmalige Einwände, daß es ihm nicht verwehrt werden könnte, ebenso wie Fritsch aus denselben Quellen die historischen Artikel von seinen gelehrten Mitarbeitern ausarbeiten zu lassen, und daß sein Universallexikon mit den geplanten 24 Bänden dem historischen Lexikon mit vier Bänden gar keine Konkurrenz sein könnte, auch der wiederholte Hinweis auf seine geschäftliche Vernichtung hielten das Oberkonsistorium nicht ab, am 23. April 1732 zu entscheiden, daß alle Verfügungen zu Recht ergangen, auch die Strafe von 300 Rtlern für den Nachdruck zu zahlen wäre und der Nachdruck zu unterbleiben hätte. Inzwischen aber hatte Zedler den ersten Band noch einmal in Halle drucken lassen, denn der uns vorliegende Band trägt das Erscheinungsjahr 1732 mit seiner Vorrede Michaelismesse 1731.
Zedler hatte nun, als er in Leipzig nicht mehr drucken durfte und die Bände in Halle gedruckt wurden, auch Verbindungen zur hallischen Universität aufgenommen. Wir haben oben schon gesehen, daß er die juristische Fakultät um ein Gutachten in seinem Privilegienstreit ersucht hatte, außerdem hatte er auch hallische Gelehrte neben den Leipzigern als Mitarbeiter gefunden. Der erste Band nämlich bringt außer Zedlers Vorrede noch die längere des berühmten Kanzlers der Universität Halle, des Professors Johann Peter von Ludewig, die vom 30. September 1731 datiert ist. In ihr hat Ludewig in dem langatmigen Stil des 18. Jahrhunderts auf die Bedeutung des Universallexikons hingewiesen als ein Werk von solcher Größe und gewaltigem Umfange, daß sich daran noch niemand in Deutschland und im Auslande gewagt hätte. Der Kanzler verrät uns auch noch etwas über die Art der Bearbeitung des Lexikons, indem er darauf hin-
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weist, daß das Lexikon immer seine wissenschaftliche Bedeutung behalten werde, da neun hervorragende Gelehrte, leider wird nicht gesagt welche, aus den verschiedensten Wissensgebieten ausgewählt worden seien, die die Artikel auf ihrem Fachgebiet ausgearbeitet hätten. Der Kanzler nimmt auch noch Stellung zu dem Vorwurfe, daß andere Lexika ausgeschrieben wären. Dies bestreitet er, da die Gelehrten besonders angewiesen seien, nicht abzuschreiben, sondern in ihrer Art nach bestem Wissen die Artikel zu bearbeiten, wobei aber niemandem verwehrt werden könne, einschlägige Bücher zu benutzen. Inzwischen hatte Zedler auch den zweiten Band in Halle drucken lassen. Er benachrichtigte am 5. Mai die Bücherkommission davon und protestierte zugleich gegen eine Beschlagnahme des Bandes, wobei er darauf hinwies, daß er zuverlässige Nachricht habe, durch die Fürsprache "großer Potentaten" bald sein Lexikon auch in Leipzig drucken und ungehindert von Halle ausführen zu dürfen. Diese Appellation nahm aber Zedler am 7. Juli wieder zurück, obwohl sie bereits nach Dresden abgegangen war, mit dem Bemerken, daß gegenwärtige Umstände eine ganz andere Situation erlangen werden. Zedler hatte nämlich aus Berlin erfahren, daß seine Angelegenheit durch die Vermittlung des preußischen Königs zu einem glücklichen Ausgange geführt werden würde. Dies teilte er auch der Bücherkommission im Oktober 1732 mit, als der dritte Band seines Lexikons in Halle ausgedruckt war. Er fügte die Bitte hinzu, die Auslieferung des Bandes nicht zu verhindern. Aber schon hatten zu derselben Zeit Thomas Fritschs Erben sich bei der Regierung in Dresden beschwert, daß Zedler trotz des Verbotes nicht nur in Halle, sondern auch in Leipzig nachdrucke, Subskriptionen einsammle, in Niederlagen seinen Nachdruck verstecke und die Bücher nur heimlich ausgebe. Sie nannten auch den Buchdrucker Zschau als Drucker des zweiten und dritten Teiles des Universallexikons und baten um eine Untersuchung dieses neuen Verstoßes und um Einstellung dieser Mißstände. Der Buchdrucker Zschau gab auch zu, daß er auf Bitten des Buchdruckers Urban des hallischen Waisenhauses für dieses ungefähr 8 Bogen übernommen und später noch 32 Bogen des zweiten Teiles gedruckt hätte, die aber von dem Hofrat Mencken zensiert gewesen seien, was aber wiederum von der Gegenseite bestritten wurde.
Auf diese Berichte und Beschwerden entschied am 29. Oktober 1732 die Regierung in Dresden, daß nach den erlassenen Reskripten verfahren werde, daß aber die Strafe von 300 Rtlern auf 100 Rtlern ermäßigt werden sollte. Dieses Geld hat Zedler auch im Mai 1734 bezahlt.
Beide Parteien verhielten sich nun eine Zeit lang ruhig. Dies hing vermutlich auch mit dem Tode des Kurfürsten August des Starken (gestorben am 1. Februar 1733) und der Nachfolge seines Sohnes zusammen. Denn im Mai 1733 hatte Zedler an den neuen Kurfürsten ein Gesuch eingereicht, in
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welchem er bat, die von dem König von Preußen unternommenen "Intercessionales" an den verstorbenen Kurfürsten zu berücksichtigen und einen ungehinderten Verkauf seines Universallexikons zu genehmigen.
Auf diesen Antrag hin ersuchte das Oberkonsistorium die Universität und den Rat der Stadt Leipzig um einen neuen Bericht über die ganze Angelegenheit, besonders über die Gestattung des Verkaufes des Lexikons in Leipzig, ohne zu bedenken, daß die Akten über den Streitfall in Dresden lagen. Durch die dadurch sich ergebenden Rückfragen entstand für Zedler ein Aufschub von 10 Monaten, in denen er ruhig weitere Bände erscheinen ließ. Der Bericht der Universität und des Rates, der am 10. April 1734 in Dresden eintraf, ging dahin, daß, wie auch früher schon festgestellt worden war, die meisten historischen Artikel, wie Thomas Fritschs Erben durch ihre eingereichte Zusammenstellung erwiesen hätten, aus ihrem Lexikon ausgedruckt wären und damit gegen den Passus verstießen, daß das historische Lexikon weder ganz noch zum Teil nachgedruckt werden sollte, und daß Zedler gegen diesen Beweis nichts zu seinen Gunsten vorgebracht hätte. Sie lehnten daher ab, das Gesuch Zedlers auf Verkauf des Universallexikons in Leipzig zu genehmigen. Auf diesen Bericht hin beschloß das Oberkonsistorium am 8. November 1734 das Gesuch Zedlers abzuweisen und alles bei den ergangenen Verfügungen zu belassen.
Mit diesem Beschluß schließen die Akten über den Privilegienstreit. Der lange Streit war in einen Erschöpfungszustand getreten. Die Ausdauer Zedlers hatte einen Sieg davongetragen, aber es war nur ein Pyrrhussieg, der Zedler im Frühjahr 1735 finanziell zugrunde richtete. Zedler hatte sein Lexikon auswärts in Halle und in Hof, wie wir noch sehen werden, und unter großen Schwierigkeiten trotz des Verbotes auch teilweise in Leipzig drucken lassen. Das Drucken im "Auslande" hatte große Kosten verursacht, ebenso die Auslieferung in Leipzig und in anderen Städten. Dazu kamen die Ausgaben für das Material und das Honorar der Mitarbeiter und vor allem der gehemmte Absatz durch die Bücherkommission in Leipzig. Aber Zedler hatte seine Ehre und sein geschäftliches Ansehen darein gesetzt, das gewaltige Werk weiter zu führen.
Trotz aller Schwierigkeiten war es Zedler doch gelungen, das Universallexikon bis zum 14. Bande (Buchstabe I) zur Michaelismesse 1735 in Halle erscheinen zu lassen. Nun gibt es aber auch diese Bände mit dem Erscheinungsjahr 1739. Wie ist das zu erklären? Bevor Zedler zahlungsunfähig wurde, versuchte er noch mit allen Mitteln zu Gelde zu kommen, um sein Werk nicht untergehen zu lassen. So hatte er, wie wir schon früher erwähnten, Teile seines Lexikons, die Bände 13 und 14, wiederkäuflich verpfändet. Als diese Bände aber von Zedler nicht rechtzeitig eingelöst werden konnten, wurden diese Teile des Lexikons von seinen Gläubigern abgestoßen, ja sogar als Makulatur verkauft. Die Bände 13 und 14 sind also
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doch noch, wie ursprünglich geplant, im Jahre 1735 ausgedruckt, aber durch Zedlers Manipulationen zum Teil verloren gegangen, so daß diese Bände, um die Subskribenten zu beliefern, im Jahre 1739 neu erscheinen mußten. Aber bald nach Zedlers Konkurs hatten sich seine Gläubiger, die aus Pränumeranten und anderen Geldgebern bestanden, zusammen getan und eine Gläubigergemeinschaft gebildet, um aus dem Konkurse zu retten, was noch zu retten war. Nach ihrer Ansicht war die Weiterführung des Unternehmens der einzige Weg, um nicht alles zu verlieren. Bei diesem Entschluß war der "vornehme Kaufmann und Handelsherr" Johann Heinrich Wolf, ein vermögender und weitblickender Mann und Liebhaber der Wissenschaften, Künste und guter Bücher, die treibende Kraft, um das Unternehmen wieder in Gang zu bringen. Wolf hatte auch, wie aus der Vorrede zum Bande 19 hervorgeht, es übernommen, für die eingehenden Gelder zu haften und dafür zu sorgen, daß das Lexikon vollständig erscheinen sollte. So kamen auch die Bände 15 und 16 (Buchstaben K und La - Le) zur Jubilatemesse 1737 heraus, an deren Bearbeitung man wohl schon im Jahre 1736 herangegangen war.
In einer Eingabe des Notars Dr. Heinrich Christian Haake als Curator bonorum der Gläubiger Zedlers an das Oberkonsistorium vom 8. Februar 1738 wurde der Antrag auf Genehmigung zur Fortführung des Universallexikons gestellt. [6] In diesem Antrage wurde darauf hingewiesen, daß die Schutzfrist für das historische Lexikon der Firma Thomas Fritschs Erben mit dem Jahre 1736 abgelaufen und somit der Hauptgrund des Druckverbotes beseitigt wäre. Ferner wurde mit allem Nachdruck gesagt, daß die Fortführung des Werkes das einzige Mittel wäre, die Gläubiger zu befriedigen und noch Geld ins Land zu bringen, und um die Genehmigung gebeten, das Lexikon in Leipzig auszuarbeiten, zu drucken, zu zensieren und auch auszuliefern.
Auf dieses Gesuch hin gestattete das Oberkonsistorium am 14. März 1738 die weitere Ausarbeitung und den Druck des Universallexikons. So war endlich der Weg frei geworden, um den jahrelang so erbittert gerungen wurde, und auf dem in laufender Folge das Werk zu Ende geführt werden konnte, was immerhin noch 12 Jahre dauern sollte.
Mit dem 19. Bande, der 1738 mit einem erneuerten preußischen Privileg erschien, hatte auch ein anderer Gelehrter die Redaktion des Lexikons übernommen. Sie wurde dem Professor der Weltweisheit Carl Günther Ludovici in Leipzig übertragen, der wegen seiner Gelehrsamkeit einen guten wissenschaftlichen Ruf hatte und mit vielen gelehrten Personen in ausgedehntem Briefwechsel stand. Ludovici nahm sich vor, das Lexikon durch Ausgeglichenheit der Artikel zu verbessern und auch die Verweisungsartikel nicht mehr so mager ausfallen zu lassen. Auch beabsichtigte
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er eine Verbesserung der historischen Artikel, in denen nicht nur die Schriftsteller, sondern auch die von ihnen verfaßten Schriften genannt werden sollten, um sich daran weiter orientieren zu können. Es sollten auch keine übertriebenen Längen einzelner Artikel vorkommen, wie z. B. bei dem Artikel über die Stadt Leipzig, sondern es sollte nur das Merkwürdigste gebracht werden. Auch die theologischen Artikel sollten nur Erklärungen von Worten, aber keine Predigten bringen. Vor allem sollten die Lebensbeschreibungen auch auf lebende Standespersonen, Gelehrte und Künstler ausgedehnt werden. Zu diesem Zwecke wurde das Publikum aufgefordert, eigene Lebensbeschreibungen einzureichen. So ging Ludovici mit neuen Gesichtspunkten und Verbesserungen an die Arbeit. Er verfolgte, wie er in der Vorrede zu Band 21 mitteilte, auch die Absicht, nach Abschluß des ganzen Werkes eine systematische Zusammenfassung aller Wissenschaften und Künste in enzyklopädischer Form in ein bis zwei Bänden zu geben. Ludovici griff hier wieder einen Gedanken Zedlers auf, wie wir ihn oben erwähnt haben.
So wurde das Universallexikon mit der Hilfe neuer Geldgeber und neuer Gelehrter fortgesetzt. Aber während Zedler sich früher gegen die Vorwürfe des Nachdruckes verteidigen mußte, sah er jetzt sein Lexikon von einer anderen Seite bedroht, der er seinerseits den Vorwurf des Nachdruckes und der unrechtmäßigen Konkurrenz machte. Dieser neue Konkurrent war Johann Ernst Schultze in Hof in Bayern. Schultze, der aus Schneeberg stammte, hatte im Jahre 1733 die Martius'sche Druckerei in Hof erworben und bis zum Jahre 1745 besessen. [7] Er wußte von dem finanziellen Zusammenbruch Zedlers, da er an dem Drucke der früheren Bände des Universallexikons beteiligt gewesen war. Das geht einmal aus dem von ihm hergestellten Drucke seiner Bände 17 und 18, die mit denselben Typen und in derselben Aufmachung der früheren Zedlerschen Bände hergestellt sind, hervor und auch aus Zedlers Vorwürfen, daß Schultze beabsichtigte, an Zedlers Stelle zu treten und das Lexikon auf seine Rechnung und unter seinem Namen herauszugeben. Dies hatte Schultze sich wohl hauptsächlich deswegen zugetraut, weil er in dem Rektor des Hofer Gymnasiums Paul Daniel Longolius den geeigneten Mann gefunden hatte, der die Redaktion übernahm. Longolius [8], der im Jahre 1735 Rektor des angesehenen Hofer Gymnasiums geworden war, hatte vor dieser Zeit schon als Privatdozent in Leipzig an dem Universallexikon mitgearbeitet und war dadurch mit der Arbeit vertraut. Zunächst verschaffte sich Schultze ein kaiserliches Privileg für die Fortführung des Universallexikons, indem er behauptete, daß das früher erteilte Privileg ihm von
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Zedler am 11. Januar 1735 gerichtlich abgetreten wäre und er sich aus diesem Grunde rechtmäßig um die Erteilung eines neuen Privilegs beworben hätte. Ihm wurde auch das neue Privileg am 11. Juni 1738 erteilt. Vorher war noch am 5. August 1737 das Zedler verliehene kaiserliche Privileg wegen Nichteinhaltung der im Privileg ausgesprochenen Bedingungen aufgehoben worden. Der Band 17, der dem Kaiser Karl VI. gewidmet ist, bringt das neue kaiserliche Privileg im Wortlaut und eine vom 6. April 1738 datierte Vorrede Schultzes, während Band 18, der dem Landesherren, dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth, gewidmet ist, eine längere Vorrede enthält, in der er sich gegen die Vorwürfe Zedlers verteidigt, vor allem dagegen, daß er ohne jede Berechtigung das Unternehmen an sich gerissen und ihm nicht gehörende Gelder dazu verwendet hätte. Schultze nennt in dieser Vorrede keinen Namen, aber offensichtlich kann nur Zedler gemeint sein, der sich in Leipzig in Wort und Schrift gegen Schultze gewandt hatte. Zedler machte seine Subskripenten darauf aufmerksam, daß in Hof von Schultze gedruckte Teile des Universallexikons für sie nur Makulaturwert haben würden, da sie später, wenn Schultze die Fortsetzungen wegen seiner schon jetzt bestehenden Schuldenlast nicht liefern könnte, diese nicht von ihm erhalten würden. Er führte an, daß die Auflage der in Leipzig erscheinenden Bände sich nur nach der Zahl seiner Pränumeranten richten werde. Übrigens ging Zedlers Voraussage auch bald in Erfüllung. Schultze konnte nur die beiden Bände 17 und 18 im Jahre 1738 herausbringen und im Jahre 1745 mußte er seine Druckerei an das Gymnasium verkaufen, da er sie wegen Schulden nicht halten konnte.
Schultze hatte bald nach dem Erscheinen seiner beiden Bände versucht, diese, da sie durch ein kaiserliches Privileg geschützt waren, auch in Leipzig verkaufen zu dürfen. Am 23. September 1738 hatte der kaiserliche Bücherfiskal in Frankfurt a. Main ein Schreiben an die Bücherkommission in Leipzig gerichtet, in dem er auf das für Schultze erteilte kaiserliche Privileg hinwies und bat, dieses Privileg auch in Leipzig gegen Zedler und andere Nachdrucker zur Geltung zu bringen, auch den Druck des Bandes 17 und der folgenden Bände Zedler zu verbieten und die etwa vorliegenden Exemplare einzuziehen. Dieses Schreiben überreichte der kaiserliche Notar Bernhard Christian Groot aus Offenbach, der sich als Zeugen noch zwei Buchdruckergesellen mitgebracht hatte, der Leipziger Bücherkommission, die es uneröffnet an den Leipziger Rat weiterleitete. Der Rat machte kurzen Prozeß und verwies den Notar mit seinen Zeugen aus der Stadt und berichtete dem Oberkonsistorium über den Vorfall. Die sächsische Regierung beurteilte den Fall noch schärfer und machte dem Rat Vorwürfe, daß er den Notar nicht habe festnehmen lassen. [9] Rat und Regierung standen auf
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dem Standpunkt, daß die am 13. März 1738 Zedler erteilte Erlaubnis, das Universallexikon in Leipzig auszuarbeiten, zensieren und drucken zu lassen, durch kein kaiserliches Privileg gehindert werden könnte. Damit sprachen sie einem kaiserlichen Privileg, wie auch früher schon bei Zedler, jede Geltung und Wirkung für das Land Sachsen ab, obwohl zu dieser Zeit Zedler noch gar kein sächsisches Privileg verliehen war. Es war auch ein Zeichen dafür, daß Frankfurt am Main seine frühere Bedeutung für den deutschen Buchhandel verloren hatte, während Leipzig die anerkannte Zentrale des Buchhandels für ganz Deutschland wurde.
So haben wir die wechselnden Schicksale der Druckgeschichte des Universallexikons genauer verfolgt und gesehen, welche Arbeiten, Mühen, Sorgen und Widerstände im Privilegienstreit von Zedler überwunden werden mußten, ehe das große Werk glücklich vollendet war. Es ist zu bewundern, welche Energie Zedler immer wieder aufbrachte, um seine Gegner aus dem Felde zu schlagen und sein Lebenswerk vor dem Untergang zu bewahren. So hat Zedler auch erreicht, daß aus den ursprünglich geplanten 12 Bänden schließlich 64 Bände und 4 Supplementbände geworden sind, deren Erscheinen sich über 23 Jahre hinzog.
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